Sind Zeugen Jehovas Pazifisten?

Zusammenfassung (1 Minute Lesezeit):

Der Beitrag hinterfragt das Selbstbild der Zeugen Jehovas als pazifistische Glaubensgemeinschaft. Eigene Schriften wie der Wachtturm von 1951 lehnen den Begriff Pazifismus ausdrücklich ab und betonen die Bereitschaft zu „theokratischer Kriegführung“, sofern diese von Gott angeordnet werde.

Gewaltverherrlichende Vorbilder wie der biblische Jehu werden positiv dargestellt, während Harmagedon als realer Endzeitkrieg erwartet wird. Kriegsdienst wird nicht aus Gewissensgründen verweigert, sondern weil es laut Lehre der falsche Krieg ist.

Die Organisation folgt einem dualistischen Weltbild und ersetzt das individuelle Gewissen durch Loyalität zur Leitenden Körperschaft. Der Beitrag zeigt: Friedlich ist das nicht – nur strategisch religiös umgedeutet.

Immer wieder hört man von Zeugen Jehovas – auch aus dem eigenen familiären Umfeld – die selbstbewusste Aussage:
„Wir sind die einzige Religion, die sich nie an Kriegen beteiligt hat.“

Diese Behauptung widerlegen wir hier 👇:

Doch wie ist es heute? Und vor allem: Heißt das automatisch, dass Jehovas Zeugen Pazifisten im klassischen Sinn sind? Sie selbst behaupten das oft von sich..

Lassen wir doch den Wachtturm selbst sprechen – zum Beispiel die Ausgabe vom 15. März 1951.

Dort heißt es:

„‚Jehovas Zeugen – eine Bande von Pazifisten!‘ so rufen viele mit Verachtung. […] Sind Jehovas Zeugen also Pazifisten, die sich aus Angst unter dem Deckmantel ‚Gewissensgründe‘ drücken wollen? […] Im Bericht über fast sechstausend Jahre findet sich nichts, das den Pazifismus der Zeugen Jehovas belegt.“

Und weiter:

„Jehovas Zeugen kämpfen, wenn Gott es gebietet – dann ist es theokratische Kriegführung.“
„Wenn sie heute Pazifisten wären, müssten sie sich Jehovas Krieg gegen die Welt Satans in Harmagedon widersetzen.“

In aller Deutlichkeit:
Jehovas Zeugen sehen sich nicht als Pazifisten. Sie lehnen Kriegsdienst im heutigen Sinne ab – nicht aus prinzipiellem Gewaltverzicht, sondern weil es nicht der „richtige Krieg“ ist. Der „wahre Krieg“ steht laut ihrer Lehre noch bevor: Harmagedon – als göttlicher Vernichtungsschlag gegen alle „Widersacher Gottes“.

Auch in späteren Publikationen bleibt dieser Ton erhalten, etwa im Wachtturm vom 15. November 2011 oder im Erwachet! vom 22. März 1961, wo etwa formuliert wird:

„Jehova beschien Jehu, bei seiner Mission ganz in seinem Sinn ‚gut gehandelt‘ zu haben.“

Ein Mann also, der laut Bibel Hunderte religiöser Gegner töten ließ. Solche Figuren dienen als Vorbild für „Mut“, „Entschlossenheit“ und Loyalität gegenüber Jehova – auch im Umgang mit „Abtrünnigen“ innerhalb der eigenen Reihen.

Und dann noch dieses Zitat aus einem weiteren Wachtturm:

„Jehovas Zeugen verlangen keine Gnade im Kampf gegen den satanischen Irrtum; sie gewähren keine Gnade und wollen auch keine Gnade.“

Diese Aussagen sprechen eine klare Sprache:
Das Selbstbild der Organisation ist nicht pazifistisch, sondern theokratisch-militant – nur eben nicht mit Waffen, sondern mit geistiger Kriegsrhetorik, vollständiger Loyalität zur „Leitenden Körperschaft“ und der moralischen Verachtung für alles „Weltliche“.

Das bedeutet nicht, dass einzelne Zeugen gewalttätig wären – viele handeln aus ehrlicher Überzeugung. Aber die Struktur und Sprache der Organisation basiert auf einem dualistischen Weltbild, in dem jeder außerhalb der Gemeinschaft als Teil des „Systems Satans“ gilt.

Und Harmagedon ist kein Symbol, sondern eine reale Kriegserwartung.

Fazit:
Nein, Jehovas Zeugen sind keine Pazifisten im klassischen Sinn.
Sie sind es nur selektiv – bis Gott „seinen Krieg“ befiehlt. Und genau dafür halten sie sich bereit. Friedlich ist das nicht. Nur strategisch anders verpackt.

Was wäre, wenn die Leitende Körperschaft verkündet: „Es ist kurz vor Harmagedon – Jehova erwartet, dass ihr alle Abtrünnigen vernichtet“?

Diese Frage mag radikal erscheinen, doch sie ist nicht aus der Luft gegriffen. Sie verweist auf eine erschreckend reale Dynamik innerhalb autoritärer Glaubenssysteme: Was geschieht, wenn das individuelle Gewissen vollständig durch blinden Gehorsam gegenüber einer geistlichen Führungsinstanz ersetzt wird? Jehovas Zeugen glauben, dass die Leitende Körperschaft von Gott direkt eingesetzt wurde und als einzig legitimer Kommunikationskanal göttlicher Wahrheit fungiert. Was von dort kommt, wird nicht inhaltlich geprüft – es wird geglaubt, verteidigt, weitergegeben. Besonders in eskalierenden Endzeit-Narrativen wie Harmagedon wird jede abweichende Stimme als gefährlich gebrandmarkt, jede Weigerung als Illoyalität gegenüber Jehova. Wenn dann noch theologische Vorbilder wie Jehu (der im Namen Gottes tötete) oder die Vernichtung der Kanaaniter herangezogen werden – und diese biblische Gewalt auch noch als „gerechte theokratische Kriegführung“ gerechtfertigt wird – ist die psychologische Schwelle zur Entmenschlichung bereits überschritten. Es ist kein Zufall, dass „Abtrünnige“ im Sprachgebrauch der WTG mit Begriffen wie „geistig krank“, „vom Satan gelenkt“ oder „gefährlich wie Seuchen“ beschrieben werden. Wer jahrelang so konditioniert wurde, wer gelernt hat, dass Liebe zu Gott vor allem im Gehorsam gegenüber menschlichen Führern besteht – der wird im Extremfall nicht mehr fragen, was richtig ist, sondern nur noch, wer es sagt. Und genau das macht diese Organisation so gefährlich: Nicht weil jeder Zeuge Jehovas zur Gewalt neigt, sondern weil das System jede Gewissensprüfung durch eine absolute Loyalitätsforderung ersetzt.

Nicht jeder, der gehorcht, ist Fanatiker. Aber jeder, der nie widerspricht, hat sein Gewissen irgendwann abgegeben. Und wer glaubt, es könne nicht so weit kommen – der möge in der Geschichte nachsehen, wie oft genau das schon geschah.

Rechtlicher Hinweis: Dieser Beitrag dient der kritischen Analyse der Selbstwahrnehmung und öffentlichen Darstellung der Zeugen Jehovas im Hinblick auf deren Haltung zu Gewalt, Pazifismus und der Erwartung des Endzeitkrieges (Harmagedon). Sämtliche Zitate aus Publikationen der Wachtturm-Gesellschaft (WTG) werden unter Berufung auf § 51 UrhG (Zitatrecht) zu Zwecken der Auseinandersetzung, Kommentierung und journalistischen Aufarbeitung verwendet. Die dargestellten Bewertungen basieren auf nachprüfbaren Quellen und sind im Sinne von Art. 5 Abs. 1 GG als zulässige Meinungsäußerung zu verstehen. Es handelt sich nicht um eine pauschale Beurteilung einzelner Gläubiger, sondern um eine systematische Betrachtung der veröffentlichten Lehre und Rhetorik der Organisation.

Die Verfasser distanzieren sich ausdrücklich von jeder Form von pauschaler Verunglimpfung religiöser Gruppen sowie von Gewalt, Fanatismus oder geschichtsrevisionistischer Polemik. Ziel ist eine sachliche, theologisch und historisch fundierte Auseinandersetzung mit dem Selbstbild der Zeugen Jehovas als angeblich konsequent pazifistische Glaubensgemeinschaft.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert