Die folgende Tabelle bietet einen Überblick über religiöse Gruppen, Bewegungen und Organisationen, die in der religionswissenschaftlichen, psychologischen oder behördlichen Auseinandersetzung als destruktiv, sektiererisch oder problematisch strukturiert gelten. Die Auswahl basiert auf öffentlich zugänglichen Quellen, Erfahrungsberichten, Einschätzungen von Beratungsstellen (u. a. Sekten-Info NRW, FECRIS, Dialog Zentrum Berlin), wissenschaftlichen Studien sowie auf Aussteiger:innen-Berichten.
Ziel ist nicht die religiöse oder weltanschauliche Abwertung, sondern die sachliche Kontextualisierung solcher Gruppen im Hinblick auf psychische, soziale und strukturelle Merkmale, die häufig in autoritären oder ideologisch geschlossenen Systemen auftreten.
Ziel und Nutzen dieser Übersicht
Diese Übersicht soll:
- Orientierung bieten für Betroffene, Angehörige und Interessierte
- Parallelen sichtbar machen (z. B. zu den Zeugen Jehovas)
- eine fundierte Gesprächsgrundlage schaffen – jenseits von Pauschalisierung oder Verharmlosung
Sie ist Teil eines umfassenderen Aufklärungsprojekts auf hellereslicht.de, das sich kritisch, differenziert und sachlich mit religiöser Machtausübung, ideologischer Manipulation und innerer Autonomie beschäftigt.
Bewertungsmaßstab
Die verwendete Gefährlichkeitsskala (⭐–⭐⭐⭐⭐⭐) ist kein wissenschaftlich normiertes Klassifikationsinstrument, sondern dient der niedrigschwelligen Orientierung:
- ⭐ = religiöse Sondergemeinschaft, derzeit unauffällig
- ⭐⭐ = in einzelnen Aspekten kritisch, aber sozial integriert
- ⭐⭐⭐ = sektiererische Tendenzen in Lehre oder Struktur
- ⭐⭐⭐⭐ = erhebliche autoritäre Merkmale, Druckmechanismen, Abgrenzung
- ⭐⭐⭐⭐⭐ = dokumentierter Missbrauch, psychische Manipulation, Isolation, Kontrollsystem
Diese Einschätzungen erfolgen auf Grundlage dokumentierter Fälle, öffentlicher Berichte und Strukturmerkmale (z. B. Führerkult, Endzeitdruck, familiäre Trennung, Heilungsversprechen, Informationskontrolle, finanzielle Abhängigkeit).
Begriff „Sekte“ – Warum wir ihn bewusst vermeiden
In der Tabelle wird bewusst nicht der Begriff Sekte als Hauptkategorie verwendet, da dieser in der Fachliteratur zunehmend als unscharf, abwertend oder polemisch gilt. Stattdessen sprechen wir von „destruktiven religiösen Gruppen“, „autoritären Gemeinschaften“ oder „religiösen Systemen mit hohem Kontrollpotenzial“. Die Einordnung erfolgt entlang konkreter Kriterien – nicht aufgrund von Lehre, Herkunft oder Größe.

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Kontext zur Tabelle:
Warum ist der Begriff „Freikirche“ nicht in der Tabelle?
Freikirchen sind in der Tabelle nicht pauschal aufgeführt, da sie in der Regel nicht zu den destruktiven, sektenartigen Gruppierungen gehören – auch wenn es einzelne Gemeinden mit solchen Tendenzen gibt. Der Übergang ist in manchen Fällen fließend, eine pauschale Bewertung wäre sachlich unangemessen.
Der Begriff „Freikirche“ ist kein geschützter theologischer oder juristischer Begriff, sondern beschreibt organisatorisch selbstständige christliche Gemeinden außerhalb der Volkskirchen – meist mit Betonung auf Glaubenstaufe, Bibeltreue und Gemeindefreiheit. Viele Freikirchen sind demokratisch organisiert, transparent in ihrer Lehre und ökumenisch vernetzt.
Allerdings gibt es innerhalb des freikirchlichen Spektrums eine große Bandbreite, von liberal bis autoritär. Manche kleinere Gemeinden oder Abspaltungen zeigen Strukturen, die in der Sektenforschung als problematisch gelten:
• Exklusivitätsanspruch („Nur unsere Gemeinde lebt wirklich nach Gottes Willen“)
• Führerkult oder geistliche Überhöhung einzelner Pastoren
• Angstbasierte Bekehrung (z. B. durch Betonung von Hölle, Endzeit)
• Abschottung gegenüber Außenstehenden oder Kritikern („Weltmenschen“, „vom Teufel gelenkt“)
• Strenge Kontrolle über das persönliche Leben (Beziehungen, Sexualität, Kleidung)
Wichtig: Diese Merkmale finden sich nicht flächendeckend, sondern meist in einzelnen Strömungen oder Gruppen. Die große Mehrheit der Freikirchen in Deutschland (z. B. Baptisten, Methodisten, FeG) ist rechtlich sauber, demokratisch verfasst und theologisch eigenständig – aber nicht totalitär.
Hinweise zu Gruppen, die sich in der jüngeren Vergangenheit geöffnet haben
Neuapostolische Kirche (NAK)
Die NAK war über Jahrzehnte stark hierarchisch und exklusiv geprägt. Inzwischen sind insbesondere im deutschsprachigen Raum Öffnungsprozesse erkennbar: theologische Relativierung früherer Dogmen, Teilnahme an ökumenischen Dialogen sowie erste Ansätze zur historischen Aufarbeitung.
Dennoch bleibt die Gemeinschaft strukturell autoritätszentriert, und es gibt weiterhin Berichte über geistlichen Druck sowie informelle Ausschlussmechanismen.
Eine abschließende Bewertung fällt daher uneinheitlich aus – zwischen Reform und fortbestehender Kontrolle.
Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen)
Die HLT-Kirche weist historisch betrachtet viele typische Merkmale einer sektiererischen Sondergemeinschaft auf: starke Führungsautorität (Apostelkollegium), exklusive Heilslehre („Wiederherstellung der wahren Kirche“), rigide moralische Vorgaben und eine ausgeprägte Binnenidentität.
In den letzten Jahrzehnten hat sich die Organisation jedoch in Teilen transparenter und integrationsbereiter gezeigt:
• Öffnung gegenüber Forschung zur eigenen Geschichte (u. a. Polygamie, Rassismus)
• Professionalisierung in Medien, PR und internationaler Humanitärethik
• Betonung von Familie, Bildung und sozialer Integration statt Isolation
Dennoch bleiben Kernprobleme bestehen: etwa der Ausschluss kritischer Mitglieder, Finanzintransparenz, ein dogmatischer Absolutheitsanspruch, Tempelrituale mit Zugangsbeschränkung sowie starke ideologische Einflussnahme auf die Lebensführung.
Insofern gilt auch hier: Die HLT-Kirche bewegt sich zwischen Mainstream und Kontrolle, zwischen globalem Image und geschlossener Heilsideologie – und wird von Beobachter:innen unterschiedlich eingeordnet: von „strenge Konfession“ bis „moderne Missionssekte“.
⭐⭐ / ⭐⭐⭐*
Bewertung variiert je nach regionalem Kontext und Ausprägung. In Westeuropa teilweise öffnungsbereit und rechtlich unauffällig – weltweit aber mit klar hierarchischem, exklusivistischem System.
Warum fehlen Gruppen wie die Adventisten?
Fallbeispiel: Die Siebenten-Tags-Adventisten
Die Gemeinschaft galt in ihrer Frühgeschichte (19.–frühes 20. Jh.) in vielen Ländern als stark separatistisch und apokalyptisch geprägt. Es gab dogmatische Abgrenzung, eine strenge Endzeiterwartung und einen ausgeprägten Gemeinschaftskodex.
In den letzten Jahrzehnten hat sich jedoch vieles erkennbar verändert:
• Theologische Öffnung: Christusnachfolge, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit werden heute stärker betont als apokalyptische Spekulation.
• Transparenz und Pluralismus: In Deutschland ist die Kirche Mitglied in der ACK (Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen), betreibt Bildungseinrichtungen und zeigt ökumenische Gesprächsbereitschaft.
• Selbstreflexion: Auch frühere Haltungen zu Medizin, Sexualethik oder Frauenrollen wurden überdacht.
Daher werden die Adventisten in Deutschland nicht mehr zu den destruktiven Gemeinschaften gezählt, auch wenn es weltweit Splittergruppen mit problematischem Verhalten gibt.
Warum diese Differenzierung wichtig ist:
Ohne klare Abgrenzung besteht die Gefahr, alle religiösen Minderheiten pauschal zu verdächtigen – was weder theologisch noch demokratisch verantwortbar ist.
Aufklärungsarbeit braucht Differenzierung:
→ Kritik an Machtmissbrauch ist notwendig.
→ Verallgemeinerung aber schadet der Glaubwürdigkeit.
Deshalb benennt hellereslicht.de gezielt Strukturen, Dynamiken und Machtausübung – nicht bloß Gruppennamen oder Etiketten.
Rechtlicher Hinweis
Diese Übersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder juristische Bewertung im Sinne von Vereinsverboten oder Strafverfahren. Die Auflistung erfolgt nicht im Sinne einer pauschalen Verurteilung, sondern dient der Aufklärung über dynamische und strukturtypische Merkmale religiöser Sondergemeinschaften.
Wo konkrete Vorwürfe bestehen (z. B. psychischer Missbrauch, Ausbeutung, Kindeswohlgefährdung), stützen sich die Angaben auf öffentlich zugängliche Quellen (z. B. Medienberichte, Dokumentationen, Gerichtsfälle). Die Nennung einer Gruppe bedeutet nicht automatisch, dass sämtliche Mitglieder oder Aktivitäten als destruktiv zu bewerten wären.