Dokumentierte Ausschlussgründe aus offiziellen Publikationen der Wachtturm-Gesellschaft
Einleitung:
Die nachfolgende Übersicht dokumentiert jene Verhaltensweisen, die gemäß den Richtlinien der Zeugen Jehovas zu einem Gemeinschaftsentzug („Ausschluss“) führen können. Sie basiert auf internen Schulungsunterlagen für Älteste (z. B. Hütet die Herde Gottes), Wachtturm-Ausgaben, Königreichsdienst-Heften sowie weiteren offiziellen Veröffentlichungen der Wachtturm-Gesellschaft.
Die Auflistung versteht sich nicht als Meinungsäußerung, sondern als Quellen basierte Dokumentation von Vorschriften, die innerhalb der Organisation als bindend gelten. Alle Angaben sind durch Publikationen belegbar.
Verlassen der Gemeinschaft ist in Wahrheit ein Ausschluss – mit identischen Konsequenzen.
- Wer öffentlich erklärt, nicht mehr zu den Zeugen Jehovas gehören zu wollen, oder sich kritisch über die Leitende Körperschaft äußert, wird in der Praxis genauso behandelt wie ein Ausgeschlossener.
- Der Begriff „Gemeinschaftsentzug“ wird dann nicht offiziell verwendet, stattdessen sagt man: „[Name] ist kein Zeuge Jehovas mehr.“
- Doch: Kontaktverbot, soziale Ächtung, familiäre Isolation – all das tritt genauso ein.
Belegt durch das Buch Hütet die Herde Gottes, Kapitel 18, Absatz 5:
„Wenn eine getaufte Person, sei es mündlich oder schriftlich oder durch ihr Verhalten, zeigt, dass sie nicht mehr ein Zeuge Jehovas sein möchte, wird dies als ein Verlassen der Gemeinschaft betrachtet und die Versammlung wird durch eine Ankündigung darüber informiert.“
Und weiter:
„In der Ankündigung wird nicht gesagt, dass jemand ausgeschlossen wurde. Stattdessen wird einfach gesagt: ‚[Name] ist kein Zeuge Jehovas mehr.‘“
Diese Unterscheidung dient einzig dazu:
- nach außen weniger rigoros zu erscheinen
- juristisch besser argumentieren zu können („Ausschluss erfolgt nur bei Verfehlung“)
- öffentlich Kritik an der Organisation als persönlichen Abfall darzustellen
Theologisch-intern jedoch eindeutig:
Wer erklärt, kein Zeuge Jehovas mehr sein zu wollen, stellt sich aus Sicht der Organisation in die „Reihe der Abgefallenen“ (vgl. Wachtturm 15.7.2011, S. 16–17), mit allen Konsequenzen:
- Kontaktverbot
- Kein Gruß
- Soziale Isolation
- Verlust von Ehepartnern oder Kindern (wenn diese „in der Wahrheit bleiben“)
Die angeblich neutrale Aussage „[Name] ist kein Zeuge Jehovas mehr“ ist eine Irreführung.
Wer aus Gewissensgründen geht, wird ebenso geächtet wie ein Ausschluss wegen „Unmoral“.
Der Unterschied besteht nicht in der Wirkung sondern nur in der Formulierung.
Es handelt sich um eine linguistische Camouflage, die einzig dazu dient, Kritik abzublocken und den Ausschluss geistig zu delegitimieren.
1. Sexuelle Unmoral (Porneia)
Kapitel 12, Absatz 3–6:
„Porneía beschreibt den lüsternen, unsittlichen Gebrauch der Genitalien, ob natürlich oder widernatürlich. […] Porneía schließt Oral- und Analverkehr ein sowie die gegenseitige absichtliche Reizung der Genitalien nicht schriftgemäß miteinander Verheirateter […].“
„Porneía erfordert weder Hautkontakt, Geschlechtsverkehr noch Orgasmus.“
Kommentar: Das bedeutet: Auch sexueller Kontakt ohne Penetration oder Orgasmus kann zu einem Ausschluss führen.
2. Apostasie – Lehrenabweichung & religiöse Beteiligung
Kapitel 12, Absatz 39 ff.:
„Abtrünnigkeit bedeutet, sich von der wahren Anbetung abzuwenden, davon abzufallen, sie vollständig aufzugeben und dagegen zu rebellieren.“
Darunter fallen u. a.:
- „Festtage der falschen Religion feiern“ (Abs. 39.1)
- „Beteiligung an Aktivitäten anderer Religionen“ (Abs. 39.2)
- „Absichtlich Lehren verbreiten, die der biblischen Wahrheit widersprechen“ (Abs. 39.3)
- „Spaltungen verursachen, Sekten fördern“ (Abs. 39.4)
Kommentar: Diese Passage stützt ausdrücklich die Organisationstreue als oberstes Prinzip – wer öffentlich abweicht, gilt als abtrünnig.
3. Kontakt zu Ausgeschlossenen / Personen, die die Gemeinschaft verlassen haben
Kapitel 12, Absatz 17.1:
„Unnötiger Umgang mit Ausgeschlossenen oder Personen, die die Gemeinschaft verlassen haben“ ist ein Ausschlussgrund.
Kommentar: Das bedeutet: Selbst der freundschaftliche Kontakt zu einem ausgeschlossenen Elternteil oder Kind kann als schweres Vergehen gewertet werden.
4. Politische Aktivitäten / Neutralitätsbruch
Kapitel 12, Absatz 39.5:
„Jemandes Berufstätigkeit fördert falsche Religion“ – z. B. durch Anstellung bei Kirchen oder interreligiösen Organisationen.
Kapitel 18, Absatz 4:
„Ein getaufter Zeuge Jehovas, der sich zu politischen Organisationen bekennt oder sich als deren Mitglied registrieren lässt (z. B. durch Parteimitgliedschaft oder das Halten einer politischen Wählerkarte), hat die Gemeinschaft verlassen.“
Dies ist besonders brisant im Hinblick auf die UNO-NGO-Mitgliedschaft der Wachtturm-Gesellschaft 1991–2001, bei der sie selbst aktiv war, obwohl sie Mitgliedern politische Nähe verbietet.
5. Bluttransfusion ohne Reue
Quelle: Kapitel 18, Absatz 3
„Ein getaufter Zeuge Jehovas, der vorsätzlich und ohne Reue eine Bluttransfusion erhält, hat die Gemeinschaft verlassen. Es ist keine Entscheidung eines Rechtskomitees erforderlich.“
Kommentar: Wer eine lebensrettende Maßnahme ergreift, wird behandelt wie ein Abgefallener – mit dem Effekt des Ausschlusses durch sprachliches Etikettieren: „Hat die Gemeinschaft verlassen.“
6. Rauchen, Drogenkonsum, Trunkenheit
Quelle: Kapitel 12, Abs. 15.4, 18–19
„Ist der Drogenmissbrauch […] zur Gewohnheit geworden, muss ein Rechtskomitee tätig werden. […] Trunkenheit: Ein Rechtskomitee wird eingesetzt, wenn sich jemand gewohnheitsmäßig betrinkt oder sich einmalig betrunken und dadurch allgemein einen schlechten Ruf erlangt hat.“
Kommentar: Selbst gelegentliche Verfehlungen (einmaliges Betrinken) können zur Ausschließung führen – wenn der Ruf leidet.
7. Politische Betätigung / Neutralitätsbruch
Quelle: Kapitel 12, Abs. 39.5; Kapitel 18, Abs. 4
„Jemandes Berufstätigkeit fördert falsche Religion.“
„Wer sich zu einer politischen Organisation bekennt oder sich als deren Mitglied registrieren lässt (z. B. durch Parteimitgliedschaft oder das Halten einer politischen Wählerkarte), hat die Gemeinschaft verlassen.“
Kommentar: Die Organisation verlangt strikte politische Enthaltsamkeit – ironischerweise trotz der eigenen UNO-NGO-Mitgliedschaft 1991–2001.
8. Praktizierte Homosexualität
Quelle: Kapitel 12, Abs. 3–6
(bereits behandelt unter Punkt 1 → Porneía umfasst homosexuelle Handlungen)
Kommentar: Keine Unterscheidung zwischen Neigung und Praxis – jegliche homosexuelle Handlung gilt als Ausschlussgrund.
9. Verleumdung, Betrug, Gewalt, Beschimpfung
Quelle: Kapitel 12, Abs. 24–29
„Betrug ist die bewusste Täuschung […], um sich unrechtmäßig einen Vorteil zu verschaffen.“
„Verleumdung […] ist immer unwahr. Negatives Gerede ist nicht dasselbe.“
„Üble Beschimpfung bedeutet, jemanden zu beleidigen oder zu schmähen. […] Nur wenn sie extrem ist, den Frieden der Versammlung stört und trotz wiederholten Rats anhält, wird ein Rechtskomitee tätig.“
Kommentar: Selbst harsche Worte können zum Ausschluss führen – sofern sie als „unreumütige Beschimpfung“ gewertet werden.
10. Weigerung, die Familie zu versorgen
Quelle: Kapitel 12, Absatz 35
„Ein Mann, der vorsätzlich seine Familie nicht unterstützt, versagt als Haupt der Familie und kann ausgeschlossen werden.“
Kommentar: Auch hier wird ein ethisch diskutabler Maßstab zum absoluten Ausschlusskriterium – ohne Berücksichtigung sozialer oder finanzieller Realität.
11. Zügellosigkeit / Respektlosigkeit gegenüber Ältesten
Quelle: Kapitel 12, Abs. 16–17
„‚Dreistes Verhalten‘ […] bedeutet ungezähmte Lüsternheit, Mutwilligkeit, Unverschämtheit. […] Ein Verhalten, das alle Grenzen des in der Gesellschaft Annehmbaren verletzt.“
„Hat jemand trotz wiederholten Rats vorsätzlich und immer wieder unnötigen Umgang mit Ausgeschlossenen […] mit denen er nicht verwandt ist, ist ein Rechtskomiteeverfahren erforderlich.“
Kommentar: Diese dehnbare Kategorie ermöglicht Ausschluss selbst bei „respektloser Haltung“ – ein beliebtes Mittel zur Disziplinierung kritischer Stimmen.